Was war

Seit Donnerstag, 01.12.05, ist unser Streik ausgesetzt. Nähere Informationen siehe
Die GF hat uns einen Mediator in das Werk gesetzt, der Konflikte schlichten soll, also wohl dafür sorgen soll, dass wir vergessen, wer uns als Streikbrecher in den Rücken gefallen ist. Wir können das nur so werten, dass wir alle gut dabei zusammenarbeiten sollen, die Werksschließung möglich zu machen, d. h. unser eigenes Grab zu schaufeln.

 

Wichtige Ereignisse vor Aussetzung des Streiks waren:

 

Nach einer Verhandlung der Einigungsstelle zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber am Dienstag, den 22.11.05 (mit mehr als 12 Stunden Dauer), und einer Beratung über den Verhandlungsstand auf unserer dritten Streikversammlung am Tag danach hat ver.di der Geschäftsführung schriftlich mitgeteilt, unter welchen Voraussetzungen wir bereit sind, das Ende des Streiks einzuleiten. Wir wollten die freie Wahl zwischen Annahme eines Arbeitsplatzangebots und Ausscheiden mit Abfindung gewährleistet sehen (um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden), wir wollten eine weitere Aufstockung der Abfindungsbeträge sowie Abfindungen auch für die befristet Beschäftigten.

Am Samstag, den 26.11.05, hat der SPD-Ortsverein Gmund eine Solidaritätskundgebung für unseren Streik durchgeführt, allerdings nicht auf dem Platz, der angemeldet war – das Landratsamt hat auf einen schlechter einsehbaren Platz verwiesen. Von Seiten der SPD haben Hansi Schmid, Hans Pawlowsky und Bundestagsabgeordneter Klaus Barthel anerkennende Worte zu uns gesprochen und die öffentlichen Äußerungen des CSU-Bürgermeisters Preysing gegen ver.di verurteilt. Lu Pertl, der Landesfachbereichsvorsitzende von ver.di, Fachbereich Medien, Kunst und Industrie, hat uns auch die Solidaritätsgrüße vom Bundesfachbereichsvorsitzenden Frank Werneke und dem ehemaligem Vorsitzenden der IG Medien, Detlef Hensche, übermittelt. Die Stimmung war wieder mal gut. Danach berieten wir an unserer Tonne das weitere Vorgehen.

Für Montag, den 28.11.05, 17 Uhr, war wieder ein Termin für die Einigungsstelle im Gebäude von G&D München angesetzt. „Heute 20. Streiktag“ stand auf den Plakaten, mit denen sich mehrere von uns in ihren Streikwesten vor die Eingänge begaben. 1200 Flugblätter haben wir an die Münchner Kolleginnen und Kollegen und die Besucher verteilt (siehe Flugblatt zur Einigungsstelle am 28.11.05). Wir konnten feststellen, dass die Münchner Beschäftigten uns gegenüber wesentlich aufgeschlossener waren als noch bei unserer Versammlung vor G&D München am 20. Oktober.

In der Nacht um ca. 3 Uhr kam es zu einem Beschluss der Einigungsstelle. Für Dienstag nachmittag war eine Betriebsversammlung für Gesamt-G&D (München und Louisenthal) im Hotel Arabella Sheraton angesetzt. Wir wurden mit vier Bussen hingebracht – in einem saßen die Streikbrecher, in den anderen drei die mit dem aufrechten Gang.
Als wir vor dem Hotel ausstiegen, die Streikwesten anzogen und die Pfeiferl ausprobierten, kamen der Hotelmanager und die Polizei und forderten uns auf, den Platz zu verlassen. Nach Diskussionen mit dem Manager gingen wir schließlich – mit den Streikwesten und Pfeiferln – in den Versammlungssaal.
Im Verlauf der Betriebsversammlung bekam unser Kollege Peter Stark das Wort. Ob seiner zündenden mutigen Ansprache konnten wir nur noch aufstehen und donnernden Applaus zollen.
Eine der beiden Eigentümerinnen hingegen, Frau Mitschke-Collande, versetzte uns in große Wut. Nach einer Lobrede auf den seit April tätigen Vorsitzenden der Geschäftsführung, Dr. Karsten Ottenberg, und seine Entscheidungskraft, fing sie an, gegen uns und ver.di zu hetzen. Als sie sagte, ver.di ginge es nicht um Arbeitsplätze, sondern nur um Geld, sind wir aufgestanden und haben den Saal verlassen. Da wollten wir auch nicht mehr rein. Unsere Gewerkschaftssekretärin hat anschließend noch in einem Redebeitrag die Aussagen von Frau Mitschke-Collande als ungeheuere Provokation für die Louisenthaler bezeichnet, die die Entscheidung über eine Aussetzung des Streiks angesichts des Beschlusses der Einigungsstelle sehr erschwert. In Anbetracht der Stimmung der Louisenthaler sei nun wohl klar, dass die Rückkehr zur Arbeit für Mittwoch noch nicht möglich gemacht werden könne, und für eine Befriedung der Lage sei es besser, wenn den Louisenthalern mitgeteilt werden könne, dass die Kürzung der Jahresleistung wegen Streik zurückgenommen wird.
Letzteres sagte die Geschäftsführung nach einigem Hin und Her schließlich noch auf der Betriebsversammlung zu.

 

Am Abend einigten wir uns auf unserer vierten Streikversammlung schweren Herzens darauf, den Streik ab Donnerstag auszusetzen. Den Streiktag am Mittwoch widmeten wir Frau Mitschke-Collande; wir trafen uns noch einmal in größerer Anzahl an der Tonne, räumten den Streikplatz auf, gönnten uns Sekt und nahmen die Glückwünsche der Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Betrieben auf dem Gelände entgegen.

29.11.05 Nachdem in Verhandlungen am 28.11. 05 eine Einigung auf einen Sozialplan zwischen GF und Betriebsrat erzielt wurde, wurde in der heutigen 4. Streikversammlung der Streik ab Donnerstag den 01.12.05 ausgesetzt.

Das heißt, alle Mitarbeiter beginnen am Donnerstag den 01.12.05 wieder Ihre Arbeit. Schichtpläne sind ab Mittwoch den 30.11.05 ab 10:00 Uhr am Streikplatz einsehbar. Weiterhin wird ab 10 Uhr der Streikplatz aufgeräumt. Wir bitten um rege teilnahme

23.11.05 Gestern abend wurde die Verhandlung bei der Einigungasstelle vertagt. Nächste Verhandlung am Montag den 28.11.05

Samstag, 19.11.05. Wir haben inzwischen die zweite, höchst aufregende, Woche des unbefristeten Streiks hinter uns, uns es wird Zeit, dass wir Euch wieder berichten.

Streikbrecher. Die Methode, wie Streikbrecher ins Werk gebracht werden, hat sich Anfang der Woche, wieder verändert. Die Streikbrecher sammelten sich ca. 30 Meter vom Werksgelände entfernt und wurden von dort mit einem Reisebus ins Werk gebracht. Nachdem wir den Sammelplatz aufgesucht und gefragt haben, ob sie sich nicht lächerlich vorkommen, wurde der Sammelplatz verlegt.

 

Erfreulich ist, dass die Firma Sareiter es dann aber abgelehnt hat, weiter Streikbrecher einzufahren. Dieses Geschäft wird jetzt von der RVO besorgt.

Zwei Wochen lang haben wir nun die ein- und ausfahrenden Kraftfahrzeuge mit Streikbrechern bis zu 7 Minuten lang aufgehalten. Am Donnerstag hat die Polizei von einem Streikposten die Personalien wegen versuchter Nötigung aufgenommen. Sie habe dazu staatsanwaltliche Anweisung, erklärte sie gegenüber der Gewerkschaftssekretärin. Gestern, am Freitag nachmittag, wurde ein Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung von G&D gegen ver.di vor dem Gerichtstag Holzkirchen verhandelt. G&D wollte, dass wir eine 4 m Gasse in der Breite und in der Höhe bilden. Es wurde jedoch ein Vergleich geschlossen, nach dem der freie Zugang für Streikbrecher zu gewähren ist, dies aber als erfüllt angesehen wird, wenn Streikbrecher nicht länger als 2,5 Minuten aufgehalten werden. Fußgänger müssen umgehend durchgelassen werden, wenn sie ausdrücklich erklären, dass sie nicht diskutieren wollen. Die Gegenseite brachte bei der Verhandlung zum Ausdruck, dass die Streikbrecher unter hohem psychischen Druck stehen.

In dieser Woche stiegen die Lohnstückkosten in Louisenthal überdimensional an. Der Personalleiter Georg Tscharke, seit seiner Äußerung auf der Betriebsversammlung am 07.11.05 „Abzocker-Schorsch“ genannt, arbeitet nun mit Sohn als Produktionshelfer. Selbst der Vorsitzende der Geschäftsführung, Dr. Karsten Ottenberg, hat sich einen Tag an die Maschine gestellt. Zwei Zehn-Stunden-Schichten sind für die Streikbrecher aus München eingerichtet, um in Louisenthal „Flagge zu zeigen“. Gerüchte besagen, dass die Schrott-Produktion zur Zeit ebenfalls überdimensional ist.

Leiharbeiter. Am Dienstag wurde der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung des Betriebsrats gegen die Einstellung von Leiharbeitern vor dem Arbeitsgericht München verhandelt (siehe Bericht am 09. und 11.11.). Das Gericht wollte jedoch erst im Laufe der folgenden Tage entscheiden.

Am Freitag nachmittag wurde der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung von ver.di gegen den Einsatz von Leiharbeitern verhandelt. Im für die Firma geltenden Tarifvertrag zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit und dem DGB heißt es: „Mitarbeiter werden nicht in Betrieben eingesetzt, die durch einen rechtmäßigen Arbeitskampf unmittelbar betroffen sind ...“ (§ 17 Abs. 1) Das Gericht entschied jedoch, dass dies gegenüber dem Bundesverband Zeitarbeit und nicht gegenüber dem Einzelunternehmen NEXTIME einzuklagen sei. Dagegen wird ver.di Berufung einlegen und gleichzeitig das Verfahren gegen den Bundesverband Zeitarbeit in Bonn weiterverführen, für das sich das Gericht in Holzkirchen als unzuständig erklärt hat.

Schärfere Gangart. Scheinbar will G&D den Kampf für die bundesdeutschen Unternehmer führen, dass in Fällen von Massenentlassungen und Produktionsverlagerungen der Weg, einen Ergänzungstarifvertrag zu fordern, nicht mehr beschritten werden kann. ver.di geht davon aus, dass der Kampf der Louisenthaler nicht nur legitim, sondern auch juristisch rechtmäßig ist, weil zwei Landesarbeitsgerichte entsprechend geurteilt haben, und zum Beispiel der ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichts Dr. Jürgen Kühling die Rechtmäßigkeit bejaht (siehe Artikel „Tarifautonomie und Unternehmerfreiheit“ in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 18/2005).

G&D schießt jetzt jedoch aus allen Rohren, unterstützt vom Bundesverband Druck und Medien. Letzterer richtete am Freitag, 11.11., ein Schreiben an Frank Werneke, Bundesvorstandsmitglied und Bundesvorsitzender des Fachbereichs Medien, Kunst und Industrie, in dem dieser aufgefordert wird, „in der vorliegenden Sache den Arbeitskampf einzustellen und den Ausgang des Einigungsstellenverfahrens zu respektieren“.

Am Donnerstag, 17.11., wurde ver.di schriftlich von der G&D-Geschäftsführung aufgefordert, den Streik sofort zu unterbinden. Im Schreiben heißt es: „Wir weisen Sie darauf hin, dass wir uns vorbehalten, sämtlichen Schaden, der dem Unternehmen mit der Durchführung des Streiks entsteht, gegenüber ver.di und den Streikverantwortlichen geltend zu machen. Wir halten es für unverhältnismäßig und unverantwortlich, mit den von ver.di aufgestellten völlig unrealistischen Forderungen Mitarbeitern vorzuspiegeln, der Streik hierfür würde sich lohnen. Dass Sie dieses Ziel nicht erreichen, haben Sie den Mitarbeitern gegenüber zu verantworten.“

Apropos Schaden: Vor Beginn des unbefristeten Streiks hat das Unternehmen gegenüber der Presse verlauten lassen, dass im Falle des Streiks Liefertermine und Produktion gesichert seien. Also kann’s doch gar keinen Schaden geben. Oder doch?

Perfide nennen wir es, wenn Dr. Karsten Ottenberg in einem E-Mail an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort München die Münchner Beschäftigten gegen die Louisenthaler Beschäftigten aufzubringen versucht. Er schreibt: „Die Konsequenzen dieses Streiks sind weit reichend und können sich unmittelbar auch auf Ihren Arbeitsplatz auswirken: Die Kunden von G&D vertrauen in hohem Maße auf die Qualität unserer Produkte und unsere Liefertreue. Wenn es durch den Streik gelingt, diese sensible Vertrauensbasis zu zerstören, sind dadurch nachhaltig nicht nur unsere Geschäftsbeziehungen und Aufträge im Karten- und Druckbereich, sondern auch die damit verbundenen Arbeitsplätze in Gefahr.“
Münchner, Eure Arbeitsplätze sind gefährdet, weil sich die Louisenthaler gegen die Vernichtung ihrer Arbeitsplätze wehren? Wir erwarten doch, dass unsere Münchner Kolleginnen und Kollegen diesen Versuch, Beschäftigte gegeneinander aufzubringen, so beantworten: Wenn Geschäftsbeziehungen und Aufträge in Gefahr sind, dann verhandelt endlich mit der Gewerkschaft unter der Maßgabe, dass es einen Abschluss gibt, der entsprechend der Geschäftslage von G&D über dem von Infineon liegt!
Wir hoffen auch nach wie vor, dass die Münchner unseren Streik mit Aktionen unterstützen, nicht zuletzt, weil von betriebsbedingten Kündigungen wegen der Schließung des Werks Louisenthal auch Münchner Kolleginnen und Kollegen betroffen sein können (gemeinsamer Betrieb).

Dr. K.O. wirft in der E-Mail der Gewerkschaft ver.di vor: „... Vielmehr agiert sie seit Wochen in unverantwortlicher und rechtswidriger Weise mit dem Ziel, durch ihr Eingreifen und den Streik einen Ergänzungstarifvertrag zu erwirken. Mittlerweile eskaliert sie ihre politischen Arbeitskampfmaßnahmen mit Hilfe anderer Gewerkschaften und Streiktouristen. Nun soll – wie oben bereits angesprochen – der Streik mit Polemik, Klassenkampf- und Angstparolen sogar auf München ausgeweitet werden, um den Schaden für das Unternehmen zu erhöhen.“

Polemik, Klassenkampf- und Angstparolen finden sich in unserem Flugblatt zum Streikbruch von Münchner Beschäftigten vom 10.11.05. Dieses haben Münchner Beschäftigte am 17.11.05 noch mal verteilt – dieses Mal vor den Toren, zusammen mit dem Aufruf zur Solidaritätskundgebung am selben Tag.

Im Übrigen bedanken wir uns ausdrücklich und ganz herzlich für die Solidarität, die für Herrn Dr. K.O. eine „Eskalation“ darstellt. Am Montag kamen sogar „Streiktouristen“ aus dem Ausland (!) zu unseren Streikposten und auf unsere zweite Streikversammlung. Der Wiener Landessekretär Christian Schuster und ein weiterer Kollege der österreichischen Gewerkschaft Druck, Journalismus, Papier überbrachten uns eine Solidaritätsnote. Übrigens wurde diese Woche auch in der österreichischen Zeitung „Standard“ über unseren Streik und mögliche Auswirkungen auf die Lieferung der österreichischen Gesundheitskarte berichtet.
Am Mittwoch fuhren wieder viele Infineon-Beschäftigte mit einem Doppeldecker zu uns.

Am Donnerstag rief der ver.di Bezirk München zu einer Solidaritätskundgebung auf dem Münchner Odeonsplatz auf, auf der wir stark auftraten und aufmunternde Solidaritätserklärungen empfangen konnten. Dank an alle Beteiligten, die wir aus Zeitnot jetzt nicht alle nennen können, Dank an alle, die uns vor den Toren unterstützen, Flugblätter in ihrer Umgebung verteilen und vieles mehr.
So wie die Beschäftigten von Infineon die erfahrene Solidarität zurück- und weitergeben, so werden wir das hoffentlich in Zukunft auch tun.

Besonders erwähnen wollen wir doch noch schnell, dass wir immer mehr Solidaritätsbezeugungen von Kolleginnen und Kollegen der Papierfabrik Louisenthal erhalten, den Beschäftigten eines anderen Unternehmens des G&D-Konzerns also, das sich auf demselben Gelände wie unser Werk befindet. Wir hören, der Betriebsrat hat sich in einem offenen Brief an unsere Geschäftsführung mit uns solidarisch erklärt. Super.

Wie geht’s weiter? Am kommenden Dienstag, 22.11.05, findet die zweite Sitzung der Einigungsstelle zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über Interessenausgleich und Sozialplan statt. Wir werden am Tag darauf auf einer dritten Streikversammlung über die Ergebnisse und unser weiteres Vorgehen beraten. Die Geschäftsführung hat für Donnerstag zu einer Belegschaftsversammlung eingeladen. Wir werden sehen, ob es einen Grund gibt, dorthin zu gehen

 

Freitag, 11.11.05, 5. Streiktag: „Flugblatt ver.di ist falsch!“ ist ein Schreiben der Leiharbeitsfirma NEXTIME, „Gesellschaft für modernes Personalmanagement“, an die „lieben Kolleginnen und Kollegen“ überschrieben. Es heißt darin:
„Nach dem BZA-Tarifvertrag dürfen nur in rechtmäßigen Arbeitskämpfen Mitarbeiter nicht eingesetzt werden. In rechtswidrigen Arbeitskämpfen wie derzeit bei Giesecke & Devrient, dürfen wir Mitarbeiter (weiterhin) einsetzen.
Der Streik bei G&D ist rechtsunwirksam, da er sich gegen die Schließung des Standortes richtet und gegen einen Sozialplan, dessen Verabschiedung ausschließlich dem Betriebsrat und dem Unternehmen obliegt.“
Eine Richtigstellung zu Letzterem ersparen wir uns hier. Die Frage ist, warum sich NEXTIME anmaßt, die Rechtmäßigkeit des Arbeitskampfs zu beurteilen, die von Giesecke & Devrient auf dem juristischen Weg nicht bestritten wird. Am kommenden Dienstag ist Gerichtstermin zum Einsatz von Leiharbeitern während des Streiks (siehe
Bericht am 7.11.05.


ver.di verfolgt NEXTIME! Die Leiharbeiter werden von der renommierten Busfirma Sareiter aufs Gelände gebracht und wieder abgeholt (Sauerei). Um mit den Leiharbeitern, die noch arbeiten, reden zu können, setzten sich zwei Streikende mit dem PKW auf die Fährte des Kleinbusses. Aber selbstkritisch mussten sie danach feststellen, dass sie als Geheimagenten ungeeignet sind – sie fuhren in den Streikwesten hinterher, und der Bus verstand es, sie abzuhängen.

In „Planet: Mitarbeiterinformation von Giesecke & Devrient“ 02/05 wird Herr Waschk, G&D-Bereichsleiter, zur Verlagerung der Kartenproduktion nach Nitra/Slowakei gefragt: „Ist durch die Verlagerung die Produktion gefährdet?“ Er antwortet: „Auf keinen Fall. Wir planen etwa zwölf bis 15 Monate ein, dann werden wir in Nitra produzieren ... Dadurch, dass wir einen Fertigungsschritt nach dem anderen verlagern ... kommt es während der Verlagerung zu keinerlei Produktionsunterbrechungen.“
Wenn nur der verdammte Streik nicht wäre, den auch Herr Waschk mit hohem persönlichen Einsatz schon zu früher Morgenstunde zu verhindern versuchte. Es kam auch vor, dass er und andere Vorgesetzte vor dem Tor waren, aber der Streik war nicht da.

Die Nerven derer, die den Streikbruch organisieren und die ihn mitmachen, liegen scheinbar ganz schön blank. Heute kam es dreimal vor, dass mit den PKWs beim Versuch, sich einen Weg durch die Streikenden zu bahnen, Menschen angefahren wurden.
Chefs der Papierfabrik Louisenthal, die auch zum Konzern Giesecke & Devrient gehört, fuhren mit Karacho ums Eck, wohl wissend, dass dahinter Streikende stehen würden.
Übrigens: Der Einsatz unserer Frauen bei der Antistreikbrucharbeit ist besonders Klasse!

Heute haben wir mal gezählt, wie viele von den befristet Beschäftigten draußen sind. Dazu erst mal die Vorgeschichte. An den ersten drei 24stündigen Warnstreiks haben sich zur außerordentlichen Freude der Festangestellten die meisten befristet Beschäftigten beteiligt. Am vierten Warnstreiktag gingen alle rein, geschockt von Drohungen von Abteilungsleitern, dass ihre Arbeitsverträge nicht verlängert werden könnten, wenn sie sich weiter an Streiks beteiligen. Bald darauf wurden denn auch die Arbeitsverträge, die meist zum 31.10.05 ausliefen, entgegen vorheriger Aussagen nur bis 30.11.05 verlängert.
Der Betriebsrat hat daraufhin auf Grundlage des § 75 Betriebsverfassungsgesetz Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung gestellt mit dem Ziel, dass dem Arbeitgeber verboten wird, den Befristeten Anschlussverträge mit der Begründung zu verweigern, dass sie an einem von der Gewerkschaft ver.di durchgeführten Warnstreik teilgenommen haben oder an einem solchen Streik teilnehmen werden.
Auf der Betriebsversammlung am Mittwoch, den 03.11.05, gab es dann wegen der Maßregelungsversuche gegen die befristet Beschäftigten ordentlich Zoff. Betriebsrat Peter Stark fragte ab, ob aus den verschiedenen Abteilungen die befristet Beschäftigten anwesend sind. Es stellte sich heraus, dass diejenigen aus der Abteilung Virginalkarte fehlten. Peter Stark forderte den Werksleiter daraufhin auf, dafür zu sorgen, dass die befristet Beschäftigten aus dieser Abteilung kommen. Dieser beteuerte, dass es allen Befristeten freigestellt worden sei, an der Betriebsversammlung teilzunehmen. Daraufhin wurde die Betriebsversammlung unterbrochen, und Peter Stark und ein weiterer Betriebsrat brachen im Gefolge vom Werksleiter in die Abteilung auf. Tosender Applaus, als sie mit den Befristeten wiederkamen. Einer der Befristeten bestätigte die Aussage des Werksleiters sinngemäß mit den Worten: Nein, dieses Mal sind wir nicht unter Druck gesetzt worden. Im Weiteren wurden die Befristeten von der Gewerkschaftsvertreterin rechtlich aufgeklärt und die Praktiken der Geschäftsführung angeklagt. Abteilungsleiter wurden aufgefordert, vor der Betriebsversammlung zu erklären, ob es vorgekommen sei, dass sie die Verlängerung von Arbeitsverträgen in Abhängigkeit von der Streikbeteiligung stellten. Schweigen im Walde von diesen. Zwei Tage später, am Freitag, sickerte durch, dass nun die Arbeitsverträge von allen Helfern bis 31.01.06 und die der Drucker bis 30.04.06 verlängert werden würden. Zu Beginn des unbefristeten Streiks am Montag hatten diese ihre neuen Verträge noch nicht erhalten, aber beim Termin zur Verhandlung der Einstweiligen Verfügung am Mittwoch wurden die Verlängerungen protokolliert.

Von ca. 30 Befristeten haben, nachdem sich im Laufe der Woche noch welche angeschlossen haben, am Ende der Woche nur ca. fünf gearbeitet.

 

4. Streiktag, Mittwoch, 10.11.05: Gestern abend hatten wir eine kämpferische Streikversammlung, auf der wir unsere weitere Streikarbeit diskutierten und uns bei Musik etwas entspannten vor dem Streikposten-Nachteinsatz. Danke für Eure Grußworte, Klaus Barthel (SPD-Bundestagsabgeordneter), Rudolf Steinberger (IGM-Vertrauenskörperleiter Infineon), Rainer Müller (ver.di-OV-Vorsitzender Miesbach), Heinrich Birner und Harald Pürzel (Geschäftsführer und Vorsitzender ver.di Bezirk München).

Heute früh mussten wir feststellen, dass die Gegenseite eine neue Methode ersonnen hat, Streikbrecher in den Betrieb zu bringen. Bisher hatten sich Abteilungsleiter, Werksleiter, Produktionsleiter unter die Streikenden gemischt, aber gestern war ihren Ohren das Pfeifen wohl doch zu viel. Heute wurden die Streikbrecher und Leiharbeiter irgendwo aufgesammelt und mit PKWs und Bus ins Werk gefahren. Die mussten schon eine Weile warten, bis die Insassen ausgemacht waren und der pfeiflautstarke Protest artikuliert war. Heute war auch nicht nur einmal die Polizei da, aber wir haben nichts falsch gemacht.
Streikbrecher, wie wäre es, wenn Ihr Euch durch die Mangfall anschleicht? Die Vorgesetzten trocknen Euch danach sicher die Füße, wie Ihr jetzt auch alle Verpflegung kostenlos bekommt. Aber merkt Euch: Das Kapital liebt den Verrat, aber nicht den Verräter.
Übrigens verließ heute ein Sondermüll-Transporter das Gelände. War das die Produktion von gestern?

Um ca. 7:00 Uhr trafen mit Bus und PKWs ca. 50 Kollegen von Infineon und Epcos in München mit ihrem Gewerkschaftssekretär Michael Leppek ein, die uns zweieinhalb Stunden lang recht tatkräftig und ziemlich laut unterstützten. Hiermit wollen wir uns noch mal ganz herzlich bedanken. Die Oberen empören sich, dass Ihr da seid, was habt Ihr damit zu tun, sagen sie, er sehe in hasserfüllte Gesichter, sagte einer. Ja, davor haben sie Angst, dass wir uns solidarisieren und nicht vereinzelt kaputt machen lassen.
Dank auch an die Betriebsräte eines ver.di-Seminars, die uns im Laufe des Tages besuchten.

Noch mal zum Thema Streikbrecher. Inzwischen werden solche auch am Sitz des Unternehmens, also in München rekrutiert. Wir hoffen sehr, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in München die Konsequenz ziehen, die in diesem Flugblatt empfohlen wird: Das darf doch nicht wahr sein! ... Streik auch in München!

 

3. Streiktag, Mittwoch, 09.11.05: Schützenhilfe der Infineon-Kollegen. Bei Infineon ist der Streik für einen Sozialtarifvertrag erfolgreich beendet, nun helfen sie uns. Gestern kamen schon mehrere Kollegen nach Ende ihrer Nachtschicht, heute waren es 15 Kollegen, die uns Nachhilfe in der verschärften Diskussion mit Streikbrechern gaben. Handgreiflich wurden nicht wir, sondern eine Dame im Angestelltenverhältnis, die meint, arbeiten zu müssen.

Auf den letzten drei Betriebsversammlungen in Louisenthal hatte es die Geschäftsführung nicht nötig zu erscheinen, heute morgen fuhr der Vorsitzende der Geschäftsführung ins Werk, musste ein wenig warten, bis das möglich war und erntete ein gellendes Pfeifkonzert.

 

3. Streiktag, Mittwoch, 09.11.05: Seit Beginn unserer Warnstreiks macht uns der Einsatz von Leiharbeitern zu schaffen. Sie sollen offensichtlich als Streikbrecher missbraucht werden. Siehe Stellenanzeige der Firma NEXTIME im Internet.
Am Anfang blieben Leiharbeiter mit uns draußen (“Die Leute kämpfen hier um ihren Arbeitsplatz, da können wir doch nicht reingehen”), woraufhin alle Leiharbeiter unter Druck gesetzt wurden. Nachdem wir die Praktiken und ihre Gesetzwidrigkeit auf einer Betriebsversammlung am 03.11.05 angeklagt und angekündigt hatten, dass wir dafür sorgen werden, dass alle Leiharbeiter bei der nächsten Betriebsversammlung dabei sind, beorderte die Firma NEXTIME ihre Arbeiter just zum Zeitpunkt dieser nächsten Betriebsversammlung in eine Gaststätte, um sie unterschreiben zu lassen, dass sie auf das Recht der Leistungsverweigerung im Falle des Streiks hingewiesen wurden.
Manche Leiharbeiter bleiben derzeit wieder aus eigener Entscheidung draußen (Danke, Respekt, Kollegen!), aber noch nicht alle. Heute haben Betriebsrat und ver.di beim Arbeitsgericht Anträge auf Einstweilige Verfügung gegen den Einsatz von Leiharbeitern eingereicht - der Betriebsrat wegen Verstoßes gegen § 75 des Betriebsverfassungsgesetzes (Recht der Arbeitnehmer, sich gewerkschaftlich zu betätigen) und wegen Nichtbeteiligung des Betriebsrats bei der Einstellung, ver.di wegen des Verbots des Einsatzes von Leiharbeitern während eines Streiks laut dem für die Leiharbeitsfirma geltenden Tarif und wegen Einsatzes rechtswidriger Arbeitskampfmittel.
Leiharbeiter, wir helfen Euch bei Schwierigkeiten mit Eurem Arbeitgeber, die da vielleicht kommen!

 

Die erste Nacht wurde überstanden, es war bitter Kalt, aber unsere Kollegen halten für den guten Zweck durch. Am Vormittag wurde ein Zelt errichtet und Heizstrahler besorgt.

Übrigens am Rande bemerkt. Der Vorstand unserer Betriebssportgemeinschaft hat uns mit fadenscheinigen Ausreden das Vereinseigene Zelt verwehrt, das wir eigentlich schon zugesagt bekommen hatten. Wahrscheinlich hat da wieder jemand einen Anruf bekommen,

Jetzt können wir auch 2 Wochen aushalten

 

Beginn des Streiks war am Montag, den 07.11.05, gegen 15.00 Uhr

Ein Vertreter der Geschäftsführung musste in der Betriebsversammlung mitteilen, dass die Geschäftsführung in der streiklosen Zeit, die sie sich erbeten hatte, keinen Abschluss mit dem Betriebsrat zuwege gebracht hatte. Nachdem er noch Teile der Belegschaft als Abzocker bezeichnete, ging die Belegschaft geschlossen vor das Werkstor und ist seither im Vollstreik.

 

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